Elektrostatische Entladungen (ESD) gehören zu den häufigsten Ursachen für Schäden an elektronischen Bauteilen – oft unsichtbar, aber mit erheblichen Folgen für Qualität und Funktionalität. Die Norm DIN EN 61340-5-1 definiert klare Anforderungen an die Einrichtung und den Betrieb elektrostatisch geschützter Bereiche (EPA) in der Elektronikfertigung. In diesem Beitrag erläutern wir von Electronic Metals, worauf Sie bei einem ESD-Audit besonders achten sollten – ob zur internen Qualitätssicherung, zur Vorbereitung auf eine Zertifizierung oder auf Kundenanforderung hin.
Ziel eines ESD-Audits
Ein ESD-Audit dient der Überprüfung, ob sämtliche Schutzmassnahmen wirksam implementiert sind und den Anforderungen der Norm entsprechen. Dabei geht es nicht nur um technische Komponenten, sondern auch um Organisation, Dokumentation und gelebte Praxis im Alltag. Entscheidend ist: Der Schutz vor ESD muss dauerhaft sichergestellt und jederzeit nachweisbar sein.
Wichtige Prüfpunkte gemäss DIN EN 61340-5-1
Ein ESD-Audit prüft, ob alle technischen und organisatorischen Massnahmen im Unternehmen normgerecht umgesetzt wurden und zuverlässig funktionieren. Die folgenden Aspekte stehen dabei im Mittelpunkt der Bewertung – sowohl in der täglichen Anwendung als auch in der Dokumentation.
1. Dokumentation und Schulung
- Schulungsnachweise für alle Mitarbeitenden in EPA-Bereichen
- Benennung eines ESD-Verantwortlichen
- Arbeitsanweisungen und dokumentierte Verfahrensweisen
2. Ausstattung des Arbeitsplatzes
- Geerdete Tischoberflächen und ableitfähige Bodenbeläge
- Verwendung von ESD-gerechten Werkzeugen, Verpackungen und Lagerbehältern
- Geprüfte Handgelenk- und Fusserdungssysteme
3. Kennzeichnung und Zonengrenzen
- Deutlich markierte ESD-Schutzzonen (EPA)
- Sichtbare Warnhinweise an Ein- und Ausgängen
- Verbindliche Hinweise zur Nutzung von ESD-Schutzkleidung
4. Personenerdung und Kleidung
- Ableitfähige Kleidung wie ESD-Kittel mit leitfähigen Fasern
- Geeignete Schuhe oder Fersenerdungsbänder
- Vermeidung von synthetischen, aufladbaren Materialien
5. Prüfprotokolle und Messungen
- Regelmässige Messungen von Erdungsanschlüssen, Werkbänken und Bodenbelägen
- Prüfung von Handgelenkbändern über geeignete Prüfgeräte
- Lückenlose Dokumentation der Prüfergebnisse und Prüfintervalle
Typische Fehlerquellen im Audit
- Fehlende oder veraltete Schulungsunterlagen
- Nicht geprüfte oder defekte Erdungskomponenten
- Verwendung ungekennzeichneter Verpackungen oder Werkzeuge
- Undeutliche Abgrenzung der EPA (z. B. durch offene Türen oder fehlende Bodenmarkierungen)
- Lückenhafte oder fehlende Dokumentation der Prüfintervalle
Vertiefende Prüffelder im ESD-Audit
Neben den grundlegenden Anforderungen an Ausstattung, Erdung und Dokumentation rücken bei umfassenderen Audits zunehmend auch weiterführende Bereiche in den Fokus. Wer sich intensiv auf ein externes ESD-Audit vorbereitet oder intern eine nachhaltige ESD-Kultur etablieren möchte, sollte auch die folgenden Themenbereiche berücksichtigen:
Materialflüsse und Logistikprozesse
Ein durchgängiger ESD-Schutz endet nicht am Arbeitsplatz. Auch während des innerbetrieblichen Transports, beim Wareneingang, in der Kommissionierung oder bei der Auslieferung müssen Bauteile in geeigneten ESD-Verpackungen geführt und korrekt gekennzeichnet sein. Entsprechende Abläufe sollten dokumentiert und die Schutzverpackungen regelmässig überprüft werden.
Wartung und Kalibrierung
Alle ESD-relevanten Prüf- und Messgeräte unterliegen bestimmten Wartungs- und Kalibrierintervallen. Eine lückenlose Dokumentation sowie sichtbar angebrachte Kalibrierkennzeichen (z. B. Kalibrierdatum, nächste Prüfung) sind Pflicht. Auch Prüfvorrichtungen für Handgelenkbänder oder Erdungsanschlüsse sollten regelmässig kontrolliert und nachweislich funktionstüchtig sein.
Verpackungs- und Lagermanagement
Auch Lagerbereiche müssen ESD-gerecht ausgestattet sein. Dazu zählen ableitfähige Regale, geerdete Lagerboxen und geeignete ESD-konforme Verpackungsmaterialien. Ein häufiger Auditpunkt ist zudem die korrekte Trennung von EPA-konformen und nicht konformen Verpackungen – etwa im Wareneingang oder bei temporärer Zwischenlagerung.
Drittpersonal und Besucherregelung
Auch Personen, die nicht zum festen Mitarbeiterkreis zählen – etwa externe Techniker, Auditoren oder Besucher – müssen bei Betreten der EPA entsprechend unterwiesen und ausgestattet werden. Dies umfasst u. a. das Tragen von ESD-Kitteln oder Erdungsbändern sowie eine eindeutige Kennzeichnungspflicht.
Nachverfolgbarkeit und Audit-Trail
Ein funktionierendes ESD-System muss nicht nur wirken, sondern auch prüfbar sein. Die lückenlose Nachverfolgbarkeit von Prüfungen, Schulungen, Reklamationen oder internen Audits wird zunehmend von Kunden und Zertifizierern erwartet. Eine klare Rollenverteilung und nachvollziehbare Protokolle helfen hier, die Auditfähigkeit dauerhaft zu sichern.
Bewusstsein und ESD-Verhalten im Alltag
Nicht zuletzt achten Auditoren auch auf das Verhalten im Arbeitsalltag. Wird der ESD-Schutz nur formal erfüllt oder tatsächlich gelebt? Werden Erdungsmassnahmen konsequent angewendet, Schutzkleidung getragen und ESD-Zonen korrekt betreten? Die Beobachtung vor Ort kann dabei ebenso entscheidend sein wie die beste Dokumentation.
Wer ein ESD-Audit nicht nur bestehen, sondern ESD-Schutz als integralen Bestandteil seines Qualitätsanspruchs verankern will, sollte über die Mindestanforderungen hinausdenken. Die vertiefenden Prüfpunkte helfen dabei, Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und gezielt weiterzuentwickeln.
Warum ESD-Konformität entscheidend ist
Ein funktionierender ESD-Schutz ist kein optionales Qualitätsmerkmal, sondern eine Grundvoraussetzung für zuverlässige Elektronikfertigung. Die Einhaltung der DIN EN 61340-5-1 ist in vielen Branchen Voraussetzung für Kundenfreigaben, externe Audits oder Zertifizierungen wie ISO 9001 oder IATF 16949.
Ein nicht bestandener ESD-Audit kann zu hohen Folgekosten führen – etwa durch Reklamationen, Rückrufaktionen oder den Verlust wichtiger Aufträge.
Empfehlung aus der Praxis
Wir bei Electronic Metals empfehlen, den ESD-Schutz als festen Bestandteil des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zu etablieren. Dazu gehören regelmässige interne Mini-Audits, die konsequente Schulung des Personals sowie eine lückenlose Dokumentation aller Massnahmen. Nur so lässt sich der Schutz dauerhaft gewährleisten – und ein externes Audit souverän bestehen.
Beratung und Ausstattung von Electronic Metals
Ob Analyse bestehender Schutzmassnahmen, Unterstützung bei der Auditvorbereitung oder die Ausstattung Ihrer EPA mit normgerechten Produkten: Electronic Metals ist Ihr Partner für professionellen ESD-Schutz.
Kontaktieren Sie uns – wir helfen Ihnen dabei, ESD-Risiken zu minimieren und Audits sicher zu bestehen.